Können alle Frauen stillen?

Nur ein geringer Prozentteil der Frauen können aus organischen Gründen wirklich nicht stillen

Die überwiegende Mehrheit der Frauen kann Stillen, da ansonsten die Menschheit nicht bis zur Entwicklung von industriell hergestellter Pulvermilch überlebt hätte. Mit dem Erscheinen der Flaschenmilch wandelte sich der Trend, da dies als die einfachere Ernährungsart des Babys schien. Das wertvolle traditionelle Wissen, dass von einer Generation auf die nächste weitergetragen wurde, schien verloren zu gehen. Mutter und Kind wurden nach der Geburt voneinander getrennt, schliefen auch getrennt und es wurde zu festen Zeiten gestillt und dazwischen während das Baby schrie mit Flaschenmilch gefüttert. Auf diese Weise konnte es nur zu Stillproblemen führen bis nur noch schnell abgestillt wurde und die Flaschenfütterung als die einzig verlässliche Ernährungsart für das Baby erschien.

Obwohl die allermeisten Frauen von Natur aus stillen können, brauchen sie Unterstützung von erfahrenen Hebammen. Die traditionelle Großfamilie mit erfahrenen Omas, die ihre Kinder gestillt haben, ist weggefallen und die heutige Kleinfamilie weiß nicht mehr das Wissen um das reibungslose Stillen.

So haben sich mit der Zeit gewisse Ammenmärchen etabliert, die angeblich ein Stillen unmöglich machen. Z.B. hat die Brustgröße nichts mit der Milchmenge zu tun. Kleine Brüste produzieren ebenso ausreichend Milch, um ein Baby und sogar Zwillinge zu ernähren. Unabhängig von der Brustgröße, die vom Fettgewebe in der Brust abhängt, regelt Angebot und Nachfrage durch die Stillhäufigkeit die Milchmenge.

Es ist auch ein Irrglaube, dass, wenn die Mutter damals nicht stillen konnte, die Tochter ebenfalls nicht stillen kann. Mangelndes Wissen und der damalige Trend in den 1960er und 1970er Jahren zur Flaschenmilch war der eigentliche Grund, dass das Stillen nicht klappte.

Nur ein geringer Teil der Frauen kann aus organischen Gründen wirklich nicht stillen, da zu wenig Drüsengewebe in der Brust vorhanden ist.

Stillen trotz Hindernisse wie Flach- und Hohlwarzen möglich

Früher galt die Ansicht, dass Flach- oder Hohlwarzen zum Stillen ungeeignet sind.

Wie jeder Mensch individuell ist, ist auch die Brust und Brustwarze der Frau individuell geformt. Im idealen Fall steht die Brustwarze im Ruhestadium leicht hervor, so dass das Baby diese gut fassen kann.

Um den eigenen Stand der Brustwarze herauszufinden, eignet sich der “Kneif-Test”. Hierzu mit Daumen und Zeigefinder auf den Rand des Warzenhofs sanft drücken. Auf den Druck hin sollte die Brustwarze hervorstehend bleiben bzw. noch stärker hervor stehen.

Eine Flachwarze hat eine kurze Brustwarzenspitze und würde bei dem Kneif-Test zurück in den Warzenhof schlüpfen. Eine Flachwarze kann bei Druck auch unverändert bleiben.

Bei der Schlupfwarze gibt es zwei Typen. Die “falsche” Schlupfwarze sieht äußerlich nach einer Schlupfwarze aus und ist im Ruhezustand eingezogen. Jedoch beim Kneif-Test richtet sie sich leicht auf. Das Stillen ist trotz der Schlupfwarze eigentlich problemlos möglich.

Bei der “echten” Schlupfwarze steht die Spitze der Brustwarze im Ruhestadium ab. Bei Druck jedoch zieht sich die Brustwarze zurück und für das Baby ist die Brustwarze schwer erfassbar.

Bei Hohlwarzen ist die Spitze der Brustwarze nach innen gestülpt und nach außen nicht abstehend sichtbar. Das Baby hat Schiewrigkeiten die Brustwarze zu erfassen. Bei Stimulation zieht sich die Hohlwarze noch mehr nach innen zurück. Hohlwarzen gehen mit verkürzten Milchgängen und vermindertem Milchdrüsengewebe einher, sind in der Regel jedoch sehr selten

Ausschlaggebend für den Stillerfolg ist, dass das Baby die Brustwarze findet und das Brustgewebe und die Brustwarze gut formbar sind. Korrektes Anlegen gerade bei Hohl- und Flachwarzen ist für den Stillerfolg ausschlaggebend. Ist die Brustwarze zu flach, eingezogen oder zu wenig verformbar, kann die Brustwarze den Gaumen des Kindes nicht berühren. Dadurch bleibt der Saugstimulus des Babys aus. Ein bestimmtes Vakuum kann beim Stillen im Mund des Babys dann nicht erzeugt werden.

Während der Schwangerschaft verändern sich die Brustwarzen bereits und bereiten sich auf das Stillen vor. Auch durch das Stillen und Abpumpen werden die Brustwarzen mit der Zeit hervor stehender. Spätestens beim zweiten Stillkind sind die Brustwarzen auf das Stillen noch besser vorbereitet.

Instinktiv saugen Babys an Allem und kommen in der Regel mit der Form der Brust und Brustwarze der Mutter zurecht. Flache und eingezogenere Brustwarzen stellen eine besondere Herausforderung für das Baby beim Anlegen dar. Ein kräftiges Baby findet seine Technik an dieser Brustform besser als ein frühgeborenes Baby, was schwach ist oder nach einer schwierigen Geburt über mangelnde Saugkraft verfügt oder nach den Strapazen noch unkoordinierte Saugreflexe hat.

Neben der Form der Brustwarze spielt für den Stillerfolg auch die Anatomie des Babymundes eine Rolle. Die Zunge des Babys muss gut beweglich sein, um die Brust entleeren zu können. Ein zu kurzes Zungenbändchen, aber auch ein verkürztes Lippenbändchen können das Stillen erschweren.

Weicht die Brustwarzenform vom idealtypischen Bild ab, ist es ratsam sich während der Schwangerschaft an Stillfachfrauen zu wenden, die sich beim Anlegen mit diesen Brustwarzenformen auskennen.

Schlupf, Hohl- und Flachwarzen können auf das Stillen trainiert werden. Mithilfe von Brustwarzenformern wird die Brustwarze darauf trainiert bei Druck durch den BH auf den Warzenhof hervorzutreten. Die durchsichtigen und runden Plexiglasschalen mit einer kleinen Öffnung für die Brustwarzenspitze werden in den gut festsitzenden BH gelegt.

Ab dem letzten Schwangerschaftsdrittel kann mit den Brustwarzenformern mit einer kurzen Tragedauer von 10 Minuten angefangen werden. Die Tragedauer wird schrittweise auf mehrere Stunden täglich erhöht. Auch zwischen den Stillmahlzeiten können die Brustwarzenformer getragen werden. Eventuell hinauslaufende Milch aufgrund der Bakterien nicht mehr an das Baby verfüttern.

Manche Studien weisen auf eine positive Wirkung bei der Anwendung von Brustwarzenformern insbesondere bei Hohl- und Flachwarzen hin. Ein einstimmiges Studienergebnis über den Erfolg von Brustwarzenformern steht noch aus. Es mal auszuprobieren, schadet nicht und bestenfalls können bei besonders geformten Brustwarzen die Brustwarzenspitze auf das Stillen optimal stimuliert werden.

Alternativ kann auch ein kleines Loch an der Stille der Brustspitze in den BH geschnitten werden, was einen ähnlichen Effekt hat wie das der Brustwarzenformer.

Eine andere Möglichkeit die Brustwarzenspitze hervor zu locken, ist das Tragen einer Niplette. Nach innen gewölbte und flache Brustwarzen werden durch die sanfte und anhaltende Saugwirkung der Niplette die verkürzten Milchgänge vorsichtig dehnt. Die Niplette besteht aus einem Brustwarzenformteil und einer Saugpumpe, wobei sich der Druck individuell einstellen lässt. Das Brustwarzenformteil wird auf die Brustwarze gesetzt und die Luft aus dem Brustwarzenformteil abgesaugt. Die Niplette sollte täglich bis zu 8 Stunden im BH getragen werden oder auch nachts. Ratsam ist es die Niplette in den ersten sechs Monaten der Schwangerschaft zu tragen, da durch die Sogwirkung der Milchfluss angeregt wird.

Vor dem Stillen können Kälteanwendungen mithilfe eines kalten feuchten Tuches die Brustwarzen stärker hervortreten lassen.

Eine längliche Form der Brust lässt sich für das Baby leichter erfassen als eine runde Brustform. Hierzu kann die Mutter mit der Hand die Brust umfassen, in dem der Daumen oben und die restlichen Finger unten liegen. In dieser Handhaltung Daumen und Finger leicht drücken und die Brust zum Brustkorb drücken. Je nach Fingerdruck tritt die Brustwarze nach vorne und oben hervor Richtung Gaumen des Kindes.

Bei flachen und eingezogenen Brustwarzen hat sich die zurückgelehnte Stillposition bewährt. Vor dem Milcheinschuss, wenn die Brust noch weich ist, ist es empfehlenswert das Stillen mit dem Baby intensiv zu üben. Nach Bedarf etwa alle 1 bis 3 Stunden wird das Baby häufig angelegt. Für ein leichteres Erfassen kann die Mutter die Brust mit der Hand zurecht formen. Das Kolostrum kann zur Not auch manuell entleert werden und mit einem Löffel gefüttert werden. Wenn die Milch dann einschießt und reichlich fließt, kann das Baby effektiver trinken.

Um den Stillerfolg zu erhöhen, sollte in der ersten Zeit auf Schnuller und Sauger aus Fläschchen verzichtet werden. Die Saugstimulation von Schnullern und Saugern ist eine andere als die der Brust. Dies kann zur Brustverwirrung und Brustverweigerung führen.

Auch die Verwendung von Stillhütchen bei besonders geformten Brustwarzen wird zwiegespalten betrachtet. Mit Hütchen kann das Baby die Milchseen nicht ausleeren, denn der Hautkontakt für eine Stimulation ist zu wenig. Beim Stillhütchen ist der Saugstimulus ein stärkerer als an der Brust, so dass das Baby die Brust ohne Stillhütchen oftmals schlechter akzeptieren mag. Stillhütchen, bestehend aus Silikon, Gummi oder Latex mögen vielleicht am Anfang bei gewissen Stillproblemen helfen, wenn das Stillen ansonsten nicht klappen sollte.

Die Silikonhütchen sind am dünnsten und die Quote für den Milchrückgang im Vergleich zum Gummi – und Latexhütchen ist doppelt so niedrig. Klappt das Stillen nämlich nicht, müsste die Brust mit der Hand bis zu sechs Mal am Tag oder mit einer elektrischen Milchpumpe bis zu 12 Mal am Tag entleert werden. Nur durch die regelmäßige Entleerung der Brust wird die Milchbildung in Gang gebracht. Das Stillhütchen kann im Vergleich zur künstlichen Brustentleerung und der Fütterung mit abgepumpter Milch über Fläschchen oder Löffel dann eher ein Segen sein. Durch das Stillhütchen kann auch die Form der Brustspitze positiv verändert werden, so dass sie stärker hervortritt. Nach der Abgewöhnung des Stillhütchens sollte das Stillen immer besser funktionieren.

In der Stillzeit abnehmen

Die in der Schwangerschaft angelegten Fettreserven werden in der Stillzeit automatisch angezapft und abgebaut. Eine zusätzliche Kalorienaufnahme, um die Milchproduktion aufrecht zu erhalten, ist nicht notwendig. Bei einer ausgewogenen Mischkost und dem bisherigen Essverhalten wie vor der Schwangerschaft lässt sich das Ursprungsgewicht mit der Zeit langsam erreichen.

Die tägliche Kalorienaufnahme sollte nicht unter 1800 kcal sinken, da die benötigten Nährstoffe nicht mehr ausreichend in der Muttermilch vorhanden sind. Auch, wenn das Baby weiterhin gut versorgt zu sein scheint, leidet die Mutter recht bald an Mangelerscheinungen und Erschöpfung.

Als Faustregel für die Gewichtsabnahme gilt, dass die tägliche Kalorienaufnahme bis zu ca. 500 kcal unter dem Bedarf liegen kann ohne, dass die Mutter Mangelerscheinungen zu befürchten braucht.

Sechs Wochen nach der Geburt darf die Mutter auch mit einem sportlichen Training beginnen, was auch die Gewichtsabnahme fördert. Bis dahin sind Beckenboden und die Bänder wieder gefestigt. Dass die Milchmenge durch den Sport der Mutter zurückgeht, hat sich nicht bewahrheitet. Ein gut stützender Sport-BH stützt die Brüste beispielsweise beim Joggen. Bei sehr intensivem Training kann die Milch größere Mengen Milchsäure enthalten, was aber nicht das Trinkverhalten des Babys beeinträchtigen sollte.

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