Studien zeigen: Kinderwagen mit Blickrichtung zu den Eltern ist sehr wichtig –

Nach vorne schauen, erhöht den Stresspegel, macht einsam und schlaflos

Babytragen und Buggys mit Blickrichtung nach vorne werden schon länger von vielen Experten kritisch beurteilt. In einer Studie aus dem Jahr 2008 (“Wie ist das Leben in einem Kinderwagen? Die Auswirkungen der Blickrichtung im Buggy auf die Interaktion zwischen Eltern und Kind und das kindliche Stresslevel”) wurde die Blickrichtung im Buggy mit Babys untersucht.

Ziel der Studie war es herauszufinden, ob die Blickrichtung eine Veränderung des Stresspegels beim Kind bewirkt und welche Auswirkungen sie auf die Kommunikation zwischen Eltern und Kind hat.

In dieser Studie wurden 2722 Eltern-Kind-Paare an Hauptstraßen in Großbritannien beobachtet. Außerdem wurde ein Experiment mit 20 Eltern-Kind-Paaren durchgeführt, bei denen sie abwechselnd in vorwärts- und rückwärtsgerichteten Buggys spazieren gingen.

Die Studie zeigte, dass 62% ihr Baby oder Kleinkind in der von den Eltern abgewandtem Buggy transportierten. Nur 13% im zugewandten, 21% liefen selbst und 4 % wurden getragen.

Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass im den Eltern zugewandten Buggy mehr als doppelt so viel Kommunikation und Körpersprache stattfand. Das Kind ansprechen, anlächeln und gemeinsames Lachen zwischen Baby/ Kleinkind und den Eltern fand mehr als doppelt so häufig statt. Wenn Eltern sprechen, brabbeln Kinder und sprechen mehr. Wenn die Eltern still sind, schweigen wiederum auch die Kinder.

Bei Kindern, die ihre Eltern im Buggy sehen könnten, sank zugleich auch deren Herzfrequenz. Das weist auf einen entspannten und sicheren Zustand mit geringerem Stresslevel hin während sie im Buggy ihre Eltern sehen. Gleichzeitig fanden doppelt so viele Kinder im zugewandten Buggy in den Schlaf als Kinder, die in Blickrichtung schauten. Der ständige Blick nach vorne überfordert das Kind bei der Verarbeitung der auf sie zukommenden Eindrücke, so dass sie keine Ruhe finden, einzuschlafen.

Das Ergebnis ist eindeutig und zeigt auf, dass Babys in vorwärts gerichteten Buggys emotional vereinsamter sind. Vielen Eltern ist dieser Zustand abgesehen von der Reizüberflutung nicht bewusst, dass fehlender Blickkontakt die Babys von ihren Eltern isoliert.

Da Kinder bis zu einem Alter von 2,5 Jahren täglich längere Zeit im Kinderwagen verbringen, sollten die Ergebnisse der Studie und die Auswirkungen auf das Baby ernst genommen werden.

Warum bevorzugen Eltern Buggys mit Blickrichtung nach vorne?

In den ersten Lebensmonaten ist es selbstverständlich, dass Kinder in der Babywanne des Kinderwagens in Blickrichtung zu den Eltern fahren. Kann das Kind jedoch mit ungefähr sechs Monaten frei sitzen, wechseln viele Eltern zu den handlichen und leichteren Buggys. Wie Du auch selbst in Deiner Umgebung beobachten kannst, sitzen die meisten Kinder mit der Blickrichtung nach vorne.

Spätestens mit dem Laufalter der Kinder sitzen fast alle Kinder nach vorne gerichtet. Es entstand die Meinung, dass Kinder mehr Sinneseindrücke brauchen und dies positiv für ihre Entwicklung ist. Es sei ja auch “langweilig” für das Kind im Kinderwagen immer nur das Gesicht der gleichen Bezugsperson zu sehen anstatt die aufregenden alltäglichen Geschehnisse der Umgebung. Viele Eltern denken, dass das Kind von den zusätzlichen Eindrücken profitiert.

Für das wachsende Gehirn brauche das Kind ja genügend Anregung für die weitere Intelligenzentwicklung. Dabei merken die Eltern nicht, dass sie ihr Kind von sich wegschieben und hinein in die hektische und reizüberflutete Welt hineinschieben ohne ihrem Kind die Rückversicherung durch ihren Blickkontakt zu geben, dass ihr Kind nicht in Gefahr ist.

Die neuen Eindrücke im Minutentakt kann das kindliche Gehirn noch nicht verarbeiten, so dass sein Stresspegel wächst. Die Kinder lernen ängstlich auf ihre Umwelt zu reagieren und sehen der Welt kritisch gegenüber statt ihr Urvertrauen durch den Blickkontakt zur Mutter zu stärken. “Gestresste Babys werden zu ängstlichen Erwachsenen” sagt die Entwicklungspsychologin Suzanne Zeedyk als Ergebnis der schottischen Studie. Die Sitzrichtung im Kinderwagen habe nicht nur Einfluss auf das momentane Wohlbefinden, sondern wirkt sich wahrscheinlich auch auf die kindliche Entwicklung aus.

Die Entwicklung des Kindes könnte somit negativ beeinträchtigt werden. Besonders in den ersten beiden Lebensjahren braucht das Kind immer wieder Rückversicherung von seiner vertrauten Person, um seine Eindrücke aus der Umwelt richtig verarbeiten zu können.

Nicht die Anzahl und Intensität an Sinnesreizen aus der Umgebung sind für das Gehirn wichtig, sondern die soziale Interaktion in den ersten Lebensjahren mit seinen Bezugspersonen. In keinem anderen Alter als in dem jungen Alter entwickelt sich das Gehirn so rasant schnell wie in keinem weiteren Lebensalter sonst. Die Neurowissenschaft hat gezeigt, dass Kinder durch Stress und fehlende verbale und non-verbale Kommunikation “emotional verkümmern”.

Wegen dieser Fehleinschätzung bevorzugen Eltern beim Kauf eines Buggys diejenigen, die nach vorne in Fahrtrichtung gerichtet sind.

Die früheren Buggys  waren jedoch von Herstellern so konstruiert, dass Eltern ihre Kinder während der Fahrt sehen konnten. Die heutigen Hersteller konstruieren daher bevorzugt Buggys in Fahrtrichtung, die sich kompakt zusammen falten und verstauen lassen.

Weil diese Art von Buggys so weit verbreitet ist, kommen Eltern erst gar nicht auf den Gedanken, dass dies womöglich langfristig die Entwicklung des Kindes stört.

Was sehen Kinder mit dem Gesicht nach vorne in Buggys?

Was viele Eltern nicht wissen, wie vielen unvorhergesehenen Reizen ihr Baby draußen ausgesetzt ist. Das Kind wird unvorbereitet in gewisse Richtungen gelenkt mit teilweise scharfen Wendungen und unvorhergesehenen Richtungswechseln. Je nachdem durch welchen Ort gefahren wird, sieht das Kind verschiedene Menschen, nah heranfahrende Autos, große Busse und Lkws auf sich zufahren, bellende und auf den Kinderwagen zulaufende Hunde sowie leuchtende Reklamen. An Kreuzungen fahren Autos und Busse in unmittelbarer Nähe des Kinderwagens an ihnen seitlich vorbei. Von allen Seiten hört es Geräuschquellen, die es teilweise nicht kennt.

Wir haben uns bereits an den dichten Verkehr mit seiner Geräuschkulisse gewöhnt, an die vielen Menschen in Einkaufspassagen und können das Verhalten von Hunden einordnen.

Viele Kinder sind von den vielen Sinneseindrücken einfach nur überfordert, die ihnen auch Angst machen. Je jünger das Kind, desto empfindlicher reagiert es auf eine Reizüberflutung. Daher schreien vielleicht deshalb Neugeborene stundenlang in den ersten Wochen besonders am Abend. Sie sind müde und wollen schlafen, aber in ihrem Köpfchen spulen sich die Bilder des Tages und deren Geräusche ab. Sie brauchen lange, um das tägliche Kopfkino abzustellen.

Babys durchlaufen verschiedene Phasen in ihrer Entwicklung. Insbesondere während der Fremdelphase um den 8. Lebensmonat machen sie viele Ängste durch und auch vertraute Personen ängstigen sie auf einmal. Während sie anfangen zu fremdeln, möchten sie am liebsten nicht mehr von ihren Hauptbezugspersonen wie Mama und Papa weichen. Sie reagieren in dieser Phase empfindlich auf fremde Personen. Sitzen sie in einem Buggy vorwärts, schauen sie unentwegt in fremde Gesichter und sehen ihre Mutter, die ihnen während der Fremdelphase Sicherheit geben würde, gar nicht.

Des Weiteren sieht das Kind die Passanten auf Höhe des Beckens, also seiner Geschlechtsteile. 

Experten empfehlen die Blickrichtung des Buggys in vorwärts gerichtet erst gegen Ende des zweiten Lebensjahres zu wechseln. Manche Kinder signalisieren früher, dass sie in Fahrtrichtung sitzen wollen und drehen ihr Köpfchen in Fahrtrichtung. Wenn dem Verlangen des Kindes nachgegeben wird, sollte durch genaue Beobachtung des Kindes herausgefunden werden, ob es seine Umgebung interessiert beobachtet oder inneren Stress durch eine Reizüberflutung hat.

Reizüberflutung im Buggy: Was sind die Anzeichen für gestresste Kinder?

Herzrasen oder ein erhöhter Stresslevel ist äußerlich nicht sichtbar. Dennoch verfügen Kinder über Selbstschutzmechanismen, wenn sie große Angst haben oder die Bezugsperson auf das Weinen nicht reagiert. Dann schaltet der Körper sein Notfallprogramm “Abschalten” ein, was dem Baby ermöglicht von einem Augenblick zum nächsten ruhig zu werden und in den Schlaf zu fallen. Die Natur hat es so eingerichtet, dass das Kind lieber ruhig wird und auffällig schläft, als auf sich weiterhin laut aufmerksam macht und somit draußen, wenn es irgendwo ausgesetzt ist Beutetiere oder Feinde anlockt. Die Überlebenschancen des Babys würden eher steigen, wenn es nicht permanent auf sich aufmerksam machen würde.

Wenn größere Kinder mit ihren Gefühlen überfordert sind und diese nicht mehr regulieren können, verfügen sie auch noch über das “Abschalten”-Notfallprogramm. Große Angst, Panik oder Schmerzen sind diese Gefühle, die ein Kind mithilfe einer Bezugsperson, die ihm Sicherheit gibt, auch dann besser regulieren kann.

Sitzt das Kind im Buggy in Fahrtrichtung gibt es keinen Blickkontakt oder Informationsaustausch über das Befinden des Kindes zwischen Mutter und Kind. Sehr häufig sind die Kinder im Buggy angeschnallt, was noch mehr das Umdrehen des Kindes erschwert, um Blickkontakt zur Mutter zu halten.

Während die Mutter intuitiv feinfühlig mit ihrem Kind in alltäglichen Situationen umgeht, entgeht ihr die Gefühlswelt ihres Babys, wenn sie mit ihm mit dem Buggy unterwegs ist.

Hat das Kind bereits Stress, äußert es diesen durch verschiedene Symptome, bevor es laut zu weinen anfängt.

Um sich selbst zu beruhigen, fängt das Kind an ausdauernd und heftig an Schnullern, Trinkflaschen oder seiner Kleidung an zu saugen. Andere Kinder werden unruhig, fangen an zu quengeln und äußern durch Weinen, dass die Bezugsperson nach ihnen schauen soll. Andere Kinder wiederum sind in sich gekehrt und geben keinen Lebenslaut von sich. Häufig sieht es so aus, als, ob das Kind ein starkes Interesse an seiner Umgebung hat und voller Faszination seine Eindrücke verarbeitet.

Im Buggy Blickrichtung zur Mutter: Dein Kind baut Stress durch Deinen Blickkontakt im Buggy ab

In einer schottischen Studie wurde das Verhalten von Eltern-Kind-Paaren untersucht, die mit ihrem Kinderwagen unterwegs waren. Die Studie fand heraus, dass Kinder öfters lachten, seltener weinten und und es ihnen leichter fiel im Kinderwagen einzuschlafen. Daraus schlussfolgernd befinden sich die Kinder in einem entspannten und sicheren Zustand, der es ihnen ermöglicht sich in den Schlaf fallen zu lassen.

Diejenigen Kinder, die in Blickrichtung nach vorne fuhren, hatten eine erhöhte Herzfrequenz: ein deutliches Anzeichen für Stress. Ein dauerhaft erhöhter Stresslevel hat negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes.

Sieht das Kind jedoch die Mutter, stellt sie für ihn wie den sicheren Hafen dar. Das Kind ist nicht frontal und ungefiltert den Sinneseindrücken ausgesetzt, die es verunsichern und ihm Angst machen.

Das Kind braucht jedoch den Augenkontakt zur Bezugsperson, um sich sicher zu fühlen.

Ein Lächeln und ein paar Worte wie “Alles in Ordnung” beruhigen das Kind ungemein.  Durch die Körpersprache und verbale Sprache bekommt das Kind durch die Mutter während der Fahrt Rückversicherung, ob ein Sinneseindruck bedrohlich oder angenehm ist. Der Blickkontakt und die Sicherheit immer die Bezugsperson im Blick zu haben, versetzt das Kind in einen entspannten Zustand mit niedrigem Stresslevel.

Es ist kein intensiver Blickkontakt möglich, wenn das Kind entgegen der Blickrichtung geschoben wird.

Ansonsten muss das Kind im Buggy in Fahrtrichtung selbst die Sinneseindrücke in gefährlich oder ängstlich einschätzen und macht dementsprechend diese Emotionen alleine durch. Seine Gefühlswelt steht Kopf und die fehlende Rückversicherung durch die Mutter kann dazu führen, dass Kinder sich in sich zurückziehen.

Auch, wenn die Kinder in den meisten Buggys nach vorne sitzen, ist dennoch die Auswahl an Buggys, die ihre Eltern sehen können noch recht groß. Auch bei vielen Kinderwagen, lässt sich die Sitzeinheit in beide Richtungen festlegen oder der Schieber verstellen, um die Blickrichtung des Kindes zu wechseln. Die beste Lösung ist es weiterhin den ursprünglich gekauften Kombi-Kinderwagen im Kleinkindalter zu nutzen, auch, wenn er sperriger und schwerer ist, aber dafür lässt sich bei diesen Modellen die Sitzeinheit verstellen. Die oft handlichen und leicht zusammen klappbaren Buggys haben oft eine feste Sitzeinheit in Fahrtrichtung. 

Warum braucht ein Kind Kommunikation und Interaktion
mit seiner Bezugsperson?

Kinder sind sehr empfänglich auf Körpersprache und die verbale Kommunikation. Beides ist Voraussetzung für ihre neuronale, psychische und physische Entwicklung. Verbale oder non-verbale Kommunikation und die Interaktion mit seinen Bezugspersonen hat langfristig eine positive Auswirkung auf das Kind.

Schon allein ein positiver Gesichtsausdruck bedeutet für das Kind ein wichtiger Schlüsselreiz, um Synapsen im Gehirn zu bilden. Sieht die Mutter ihr Kind im Buggy tauscht sie mit ihm liebevolle Blicke und Lächeln aus. Sie spricht das Kind an, ob es etwas essen oder trinken möchte, bleibt an einer Baustelle stehen und erklärt, was die Baustellenfahrzeuge machen oder was der Hund im Park macht usw. Wenn Mutter und Kind sich sehen können, ergeben sich jeden Tag neue Gelegenheiten über die Dinge sprechen zu können, die sie gerade sehen. Die soziale Entwicklung wird immens durch diese zusätzliche Interaktion gefördert.

Kinder sind von Natur aus neugierig und saugen die Reize ihrer Umgebung auf, sind aber in den meisten Fällen noch nicht fähig diese einzuordnen. Die Sinneseindrücke, die gewisse Gefühle bei ihnen auslösen, können sie noch nicht einordnen.

Babys ohne Kommunikation verkümmern. Dies zeigte deutlich ein grauenvolles Experiment im Mittelalter unter Friedrich II, der die Ursprache herausfinden wollte. Die Ammen durften die Babys stillen, sie waschen und wickeln, aber nicht mit ihnen reden. Das Ergebnis war niederschmetternd. Alle Kinder starben. Obwohl ihre körperlichen Bedürfnisse erfüllt wurden, hungerten sie nach Lächeln und liebevollen Worten. Sie starben aufgrund des Mangels an fehlender sensorischer Stimulation.

Forschungen in der Sprachwissenschaft haben wiederholt ergeben, dass die sprachliche Entwicklung von Kindern sowohl durch die Quantität als auch durch die Qualität der Kommunikation mit anderen ausschlaggebend ist.

Webseiten:

Der tägliche Horrortrip im Kinderwagen:
https://www.t-online.de/leben/familie/kleinkind/id_63606974/buggy-aktion-dreht-die-kinder-um.html

Der Mensch: Ein Tragling:
https://www.verhaltensbiologie.com/publizieren/fachartikel/PDF/T7.pdf

Videos:
Was ein Kind im Buggy in Blickrichtung sieht

Kinderwagen vs. Tragen:

Die Welt aus der Sicht des Kindes: Tragehilfen

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